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Der Negrellisteg verbindet zwei Stadtteile

Fotos: René Dürr

Text: Thomas Pfann, Redaktor Magazin «36 km»

Eine Fussgängerüberführung über das Gleisfeld beim Zürcher Hauptbahnhof verbindet seit Dezember 2020 die beiden Stadtkreise 4 und 5. Namensgeber ist Alois Negrelli, Erbauer der 1847 eröffneten Spanisch-Brötli-Bahn zwischen Zürich und Baden.

Der Negrellisteg verbindet seit Dezember 2020 zwei Zürcher Stadtteile, die sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert haben: So wurde mit der Europaallee ein neuer grossstädtischer Moment geschaffen, der mehr Menschen zum Arbeiten und Wohnen in die Stadt zieht. Und auch im Kreis 5 stehen städtebauliche Veränderungen bevor. Die neue Querverbindung über das Gleisfeld erschliesst zwei Stadtteile, die bis anhin kaum miteinander verbunden waren und übernimmt damit eine bedeutende Aufgabe in dem sich wandelnden Quartier: Sie eröffnet neue Perspektiven und schafft Potenzial für die weitere Entwicklung des Stadtteils.

Über den Gleisen schwebend

Die Fussgängerpassage führt in leichtem, elegantem Bogen vom Gustav-Gull-Platz – mitten im Areal der Europaallee im Kreis 4 – hinüber zur Zoll- und Klingenstrasse, mitten im Kreis 5. Die 160 Meter lange Querverbindung scheint dank der wenigen Stützen über den Schienensträngen zu schweben. Die Zugangstreppen wiederum schwingen sich elegant empor auf knapp acht Meter Höhe. Als seitliche Begrenzung dient ein breitgestaltetes, rund ein Meter hohes Geländer, für den zwei Meter hohen Fangschutz gegenüber den Gleisen ist ein blickdurchlässiges Metallnetz vorgesehen.

Die Namensgebung geht zurück auf Alois Negrelli. Der österreichische Eisenbahnplaner und Architekt war in den 1830er und -40er Jahren in Zürich tätig und realisierte zahlreiche Bahn- und Bauprojekte (siehe Box).

Strenge Sicherheitsvorkehrungen nötig

Der Steg wurde von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Negrelli entworfen. Katrin Schubiger von der 10:8 Architekten, die auch für die Architektur der Limmattalbahn-Haltestellen verantwortlich zeichnen, erklärt: «Beim ersten Projekt war die Brücke auch für Velos konzipiert. Mit dem noch vorgesehenen Velotunnel auf der Höhe des Hauptbahnhofs konnte man aber eine Veloachse gewinnen und auf diese Funktion beim Negrellisteg verzichten.» Laut Ingenieur Gianfranco Bronzini, mit Conzett Bronzini Partner aus Chur ebenfalls Teil der ARGE Negrelli, sind bei der Umsetzung strenge Sicherheitsvorkehrungen nötig: «Die Bauarbeiten gestalten sich aufwändig, weil sie nur während Randzeiten oder in der Nacht ausgeführt werden dürfen.»

Die in Stahl gefertigte Brückenkonstruktion kostete rund 11 Millionen Franken und wurde je zur Hälfte von der SBB und der Stadt Zürich finanziert. Federführende Bauherrin war die SBB.

Bild: Wikipedia

Alois Negrelli

Alois Negrelli (1799-1858) wuchs im damalig zu Österreich gehörenden Trentino auf. Der Bauingenieur, Eisenbahnpionier, Architekt und Planer war vorerst für die Stadt St. Gallen tätig, bevor er in den 1830er und 40er Jahren in und um Zürich zahlreiche Bahn- und Bauvorhaben plante und umsetzte. 1834 projektierte Negrelli die Münsterbrücke, deren peripheren Strassen und Quais sowie die Kaufläden an der Grossmünsterterrasse. Ab 1840 arbeitete er zudem für den Eisenbahnbau in der Schweiz und unternahm hierfür Studienreisen nach Frankreich, Belgien und England. Auf Grund seiner Erkenntnisse plante und baute Alois Negrelli 1845-47 die erste inländische Bahnlinie der Schweiz (Spanisch-Brötli-Bahn) von Zürich nach Baden im Auftrag der Schweizerischen Nordbahn. Ab 1847 war er unter anderem für Bahnprojekte in Frankreich und bei der Umsetzung des Suezkanals zwischen den Hafenstädten Port Said am Mittelmeer und Port Taufiq bei Sues am Roten Meer tätig.


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