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Er fordert mehr Mut am Grill

Der Limmattaler Koch und Caterer Gabriel Heintjes gibt Tipps für eine kreative Grillade. Warum er sein Fleisch nie mariniert und wieso man mehr Zeit in Beilagen und Saucen investieren sollte.

Interview: Sibylle Egloff; Fotos: Severin Bigler

Sommerzeit ist Grillzeit. Doch wenn es nach Koch und Caterer Gabriel Heintjes geht, sollte auch im Winter öfter gegrillt werden. «Ich persönlich bevorzuge es, in der kalten Jahreszeit am Grill zu stehen», sagt der 33-Jährige, der vor zwei Jahren in der Dietiker Silbern seine Koch- und Produktionsstätte eröffnet hat.

«Wenn draussen 30 Grad sind, muss ich nicht noch vor dem 600 Grad heissen Feuer stehen und mir die Augenbrauen ankokeln lassen», meint er und lacht. Im Winter auf dem Balkon zu grillieren, finde er viel angenehmer. «Doch ich weiss, dass Sommer und Fleisch auf dem Grill halt einfach zusammengehören.»

«Hände weg vom Rindsfilet»

Der gebürtige Badener macht beliebt, etwas mutiger zu werden. «Es müssen nicht immer nur Fleisch oder vegane Würstli sein. Ein über lange Zeit über der Glut geschmortes Gemüse oder auch Fisch sind genauso köstlich.» Und wenn man doch nicht auf etwas Fleischiges verzichten könne, «dann bloss Hände weg vom Rindsfilet», sagt Heintjes. «Filets und Entrecotes haben nichts auf dem Grill verloren.» Heutzutage könnten alle Hobbyköchinnen und -köche diese Fleischstücke im Ofen mit einem Fleischthermometer perfekt hinbekommen.

«Mit Prime Cuts wie Filets bewegt man sich nie vorwärts. Mit Second Cuts kann man seine Gäste überraschen.»

«Wenn man etwas Spezielles auf dem Grill ausprobieren will, dann setzt man auf Second Cuts», sagt der Profi, dessen kulinarische Karriere in der Küche des Grand Casino Baden startete. Damit meint er Fleischstücke, die traditionell verwurstet und nicht verkauft wurden. «Das sind zum Beispiel Schulter, Brustkern, Hals, Bauch, ein Flanksteak oder eine Haxe», zählt Heintjes auf. Er findet es schade, dass solche Stücke und Altbewährtes wie etwa Rippchen weniger auf den Grill kommen.

Second Cuts sind günstiger und nachhaltiger

«Diese Stücke vertragen Hitze und haben einen intensiven Geschmack.» Aber Achtung: «Es braucht etwas handwerkliche Fähigkeiten.» Doch das sei eben genau gut, wenn man sich kulinarisch weiterentwickeln wolle, findet Heintjes. «Mit Prime Cuts wie Filets bewegt man sich nie vorwärts. Mit Second Cuts kann man seine Gäste überraschen.»

Weitere Vorteile: «Sie sind günstiger als Prime Cuts und auch viel nach haltiger, weil sie die ganzheitliche Nutzung des Tieres fördern.» Genau darauf legt Heintjes Wert. Er verarbeitet wenn möglich alle Teile der Lebensmittel, die er verwendet – auch beim Gemüse. «Wenn ich beispielsweise einen Butternusskürbis zubereite, steche ich Taler aus dem Inneren, trockne die Schale, lege den unteren Teil ein, röste die Kerne und püriere, was übrig bleibt. So hole ich alles aus einem einzigen Produkt raus», erzählt der Koch, der unter anderem in den Zürcher Nobel-Hotels Storchen und Widder sowie im Zürcher Kulturlokal Kaufleuten am Herd stand. Bei letzterem arbeitete Heintjes als Junior Sous Chef und als Chef Patissier.

Gabriel Heintjes fokussiert mit seinem Cateringunternehmen in der Dietiker Silbern stark auf Nachhaltigkeit.

Selbstgemachte Sauce statt Marinade

Zurück zum Fleisch: Wie müssen die Second Cuts mariniert werden? «Am besten gar nicht. Einfach etwas salzen, auf den Grill und fertig», empfiehlt Heintjes. Denn: «Das Marinieren überdeckt meiner Meinung nach den Eigengeschmack des Fleisches.» Zudem verbrenne das meiste davon beim Kochen auf oder im Feuer. Der Caterer rät vielmehr dazu, etwas Zeit in eine selbst gemachte Sauce zu investieren. Er denkt etwa an eine Chimichurri, eine Kräutersauce, die in Lateinamerika traditionell zu gegrilltem Fleisch gereicht wird, oder an eine Barbecue-Sauce auf der Basis von gegrillten Zwiebeln.

«Wenn ich beispielsweise einen Butternusskürbis zubereite, steche ich Taler aus dem Inneren, trockne die Schale, lege den unteren Teil ein, röste die Kerne und püriere, was übrig bleibt. So hole ich alles aus einem einzigen Produkt raus.»

«Dafür kann man eine ganze Zwiebel auf den Grill legen und sie nach einer halben Stunde rausnehmen, danach noch etwas räuchern und zum Schluss in den Mixer tun.» Zu dieser Masse gibt Heintjes etwas Salz, Pfeffer, Worcester-Sauce, geröstete Paprika und fertiges oder selbst gemachtes Ketchup hinzu.

Neu Mittagsmenüs in der Silbern

Weitere Optionen seien selbst gemachte Kräuterbutter oder eine Sauce auf Basis von püriertem Gemüse. «Es gibt so viele Möglichkeiten, man muss nur etwas über den Tellerrand schauen», findet Heintjes, der vor kurzem ein Mittagsmenü-Angebot in der Dietiker Silbern lanciert hat. «Damit es neben Kebab und Pizza auch was Gesundes und Ausgewogenes zur Auswahl gibt.» Auch die Beilagen soll man seiner Meinung nach nicht ausser Acht lassen. «Ein geil gewürztes gegrilltes Gemüse oder ein kreativer Salat werten das Menü auf.»

Keine Angst vor saisonalen Früchten

Für den Koch «gehen Pasta- oder Kartoffelsalat zu Gegrilltem immer.» Doch man solle sich auch vor etwas gewagteren Kombinationen mit saisonalen Früchten nicht scheuen. Fenchel-Wassermelonen-Salat sowie Grünkern-Linsen-Salat mit Pfirsichen, Nektarinen oder Aprikosen kommen Heintjes spontan in den Sinn. «Früchte geben Süsse und Säure. Das funktioniert immer geil», sagt der Experte. Früchte können aber auch als Chutney bei einer Grillade zum Zuge kommen. «Flatironsteak und Aprikosenchutney sind zum Beispiel ein wunderbares Paar.» Das Spiel von Fleisch und Früchten sei wichtig. «Das macht das Gericht viel lockerer, als wenn man zum fettigen Fleisch noch mal etwas Fettiges wie eine Folienkartoffel mit Sauerrahm serviert», sagt Heintjes.

Möge es ein langer Sommer werden, um all seine Tipps und Ideen ausprobieren zu können.

Wer gerne auf offenem Feuer grilliert findet im Limmattal Grillplätze mit Schirm, Charme und Ausblick.


Rezept-Tipp: Carrot-O-lina Sauce

Zutaten

  • 250 gr Karotten, orange
  • 1.3 gr Backpulver
  • 150 gr Milder Senf, gelb
  • 5 gr Salz
  • 30 gr Rapsöl
  • 50 gr Brauner Zucker
  • 75 gr Apfelessig
  • 1 Räucherofen oder Grill mit Räucherchips
  • Pfeffer
  • Xanthan

Vorbereitung

1. Karotte schälen

2. Karotten mit Backpulver, Salz und Rapsöl im Dampfkochtopf 25 Minuten garen.

Zubereitung

1. Alles mixen und nach Bedarf Xanthan beigeben zum Andicken

2. In einem Räucherofen oder auf dem Grill mit Räucherchips für 30 Minuten räuchern